Und auf einmal sang der Golem neben mir | Musikalbum

Das ultimative KI-Experiment
Nachdem ich einige Zeit mit generativer Musik-KI experimentiert hatte, war es Zeit für eine ernste Prüfung. Ich nahm mir 10 Gedichte aus meinem Buch „Und auf einmal stand ich neben mir“ vor und begann eine atemberaubende Reise durch den „Geist“ einer KI. Schon in meinen vorhergehenden Experimenten hatte ich herausgefunden, dass es einiger Tricks in der Befehlszeile bedurfte, die KI aus der Rolle eines Lieferanten von Durchschnittsmusik zu locken. Aber es war möglich!
Ich hatte gelernt, dass die KI durchaus den Inhalt von eingegebenen Songtexten interpretieren konnte. Da meine Gedichte sehr rhythmisch und perfekt gereimt sind, war die Ki von dieser Last befreit und konnte sich auf den Inhalt konzentrieren – und das tat sie dann auch. Die Flausen scheinbar romantische Passagen auch 1:1 in romantische Musik umzusetzen, hatte ich ihr mit irritierenden Befehlen in der Befehlszeile schnell ausgetrieben. Und ich sage euch, das Biest lernt aus solchen Iriitationen und macht sie in einer Session schnell zum Programm – das kann sie ja per se.
Sie lernt auch schnell, wo es nicht hingehen soll, wenn du die ersten 10 Entwürfe schnell in den Müll schickst. Und dann wird es magisch. In ihrer Verzweiflung (das ist natürlich poetisch verfälscht, weil die KI keine Gefühle hat) gräbt sie ganz tief in ihrem Wissenspeicher und holt Musik hervor, auf die du nie gekommen wärst. Nun folgt der künstlerische Akt der Auswahl und mit dieser Auswahl leitest du die KI nun durch das Gedicht, da sie nur immer 30 Sekunden generiert. Damit bestätigst du sie auf ihrem Weg und sie fängt gekonnt an, die Wendungen des Textes mitzugehen. Eine atemberaubende Erfahrung. Viel Spaß beim Anhören der durch Hinzufügung von Instrumentalspuren erweiterten und durch alle gängigen Tontechnikereingriffe aufgewerteten Ergebnisse. Du wirst in jedem Fall genauso überrascht sein, wie ich es war.
1 | Die weiße Göttin
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Wenn ich schlecht drauf bin, tendiere ich zur Zote. Das Lied ist eine Ode an die Kloschüssel. Der Text ist anrüchig und etwas schmutzig, aber absolut jugendfrei. Die Ki hat dafür einen leicht feierlichen Stil gewählt. Wie sie die Unsauberkeiten in das Posaunensolo eingeflickt hat, bleibt ihr Geheimnis. Die Musik ist angemessen unperfekt. Wahrscheinlich weil ich ihr bei der Entwicklung mehrmals ans Bein gepinkelt habe.
2 | Zebrastreifen
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Ich hatte mich immer gefragt, was die Streifen auf einem Fußgängerüberweg mit einem Zebra zu tun haben. Wer hier auch etwas Zote schnuppert, liegt absolut richtig. Meine Anweisung an die KI war im übertragenen Sinn: „Gib Gummi!“, und sie besorgte es mir. Das Gitarrensolo hat dann Brian May in meinem Wohnzimmer drübergebügelt. Spass muss sein.
3 | Die Botschaft
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An diesem Gedicht habe ich etwas länger als üblich gedengelt. Bei der Musik geschah dann das gleiche. Die Grundstimmung ist so düster und die Auflösung so finster, dass es der KI auch schwer gefallen ist, das in Musik zu gießen. Ich hätte ja längst aufgegeben, aber die KI ist extrem geduldig. Letztlich „erfand“ sie eine Musik, die ich so noch nie gehört hatte.
4 | Vornehmlich die Investmentbanken
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Ja Leute, das ist ein Herausforderung – 6:33 ohne Gitarrensolo – purer Text. Eine Satire über Bankenpleiten, Geldgier mit einer schroffer Wendung in die schäbige Wohnung einer verarmten Familie. Konnte das eine KI verstehen und mitmachen? Sie konnte! Und als sie die Satire erst erkannt hatte, war sie nicht mehr zu bremsen und legte noch eine musikalische Satire-Ebene oben drauf.
5 | Frauen sind einfach sensibler
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Noch ein Klopper – 6:07 – wieder ohne Solo. Das Gedicht beginnt sehr romantisch mit einer satirischen Wendung und ich lockte die KI auf die falsche Fährte. Nachdem ich Dutzende von kitschiger Entwürfe in die Tonne getreten hatte, machte die KI ein Friendensangebot, das ich annahm. Ich war gespannt, wie die KI auf die satirische Wendung reagierte. Und sie tat es auf geniale Art und Weise. Die bereits am Anfang leicht gehauchte Stimme wurde immer Hauchiger – so geht Satire!
6 | Flotte Landpartie
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Ein absoluter Brüller – fand ich schon als Gedicht geil und erst recht in dieser Musikfassung. Pogo ist sicherlich eine geniale Genre-Auswahl, doch das habe ich der KI überhaupt nicht aufgetragen. Aus irgendeinem Grund entfernte sie sich mit jedem von mir verworfenen Entwurf immer weiter von meiner Eingabe – als wollte sie sagen: „So, jetzt bestimme ich Mal, welche Musik dieser Text braucht.“ Sie hatte absolut recht – Pogo!
7 | Nebelschwaden
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Dieses ziemlich komplizierte Gedicht – jedenfalls für ein elektronisches Gehirn – ist „Master Joda“ aus „Star Wars“ gewidmet. Und prompt versagte die KI beim Textverständnis. Erst nachdem ich mit einem kleinen Prolog nachgeholfen hatte, kamen wir in die Gänge. Dann wurde es doch noch sehr schön.
8 | Ein Männlein
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Das Gedicht hat den Rhythmus von Hoffmann von Fallerlebens volkstümlichem Kinderlied „Ein Männlein steht im Walde“. Mein Version ist ein Anti-Kriegs-Gedicht mit einem düsteren Addendum. Nach den üblichen Fehlversuchen überraschte mich die KI mit einer Stimme, die mich an Wolfgang Ambros erinnerte – samt österreichischen Akzent. Im Addendum lief die KI dann zur Höchstform auf. Stöhnlaute unterstrichen die düstere Atmosphäre. Ein Meisterwerk!
9 | Acht Papageien
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Acht Papageien fliegen in die Abenddämmerung – was kann den da schon passieren? In meinen Gedichten passiert aber immer etwas Unerwartetes und so fliegen 4 Papgeien letztlich in den Tod. Ein beschwingter Titel, der das Drama mit Humor als Teil des Lebens annimmt.
10 | Alles soll so bleiben
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Das Gedicht wandert in vier Etappen durch das Leben und kritisiert den Spruch: „Alles soll so bleiben wie es ist“. Ich forderte etwas Orchestrales von der KI. Was dann auf den Teller kam, war so authentisch, wie ich es niemals erwartet hatte – voller Seele.
Am Ende der musikalischen Reise möchte ich noch eine persönliche Bemerkung anfügen. Gerade dieser Titel rief bei mir sehr emotionale Erinnerungen aus. Die Musik erinnerte mich an das Musical „Les Misérables“, bei dem ich vor 30 Jahren 200 Mal als Trompeter im Orchestergraben saß. Wer behauptet, dass KI-generierte Musik keine Seele hat, vergißt gleich Zweierlei: Erstens ist die Seele bereits in der Musik enthalten, die Vorlage für die KI ist und zweitens geht es eher um die Seele der Hörer. Sie entscheiden selbst, ob sie etwas berührt oder nicht!