Vom Dschungelcamp
Jetzt sagt uns Patienten die Geheimbotschaft aus der Dschungelprüfung, dass es sich durchaus lohnen kann, wenn man sich blutig beißen lässt. Wir sollen dann denken, dass das jedem einmal passieren kann, auch berühmten freien Bürgern, die man ‘Stars‘ nennt. Aber bei uns bleiben die roten Zahlen auf dem Bankautomaten nach jeder Prüfung gleich rot.
Liebe Gabi,
ich hab eine verrückte Sendung im Anstaltsfernsehen angeschaut, oder war es freies Fernsehen? Ich kann das als Patient nicht genau entscheiden, aber diese Sendung sah sehr nach Anstaltsfernsehen aus. Die war nämlich entsprechend absurd und eine Geheimbotschaft an Patienten war auch noch darin versteckt.
Das Ganze spielt im Dschungel und wird von einer Blondine und einem kleinen dicken Mann mit Tropenhelm moderiert. Die Kandidaten müssen Prüfungen bestehen, wie wir Patienten das ja auch täglich müssen. Aber die kriegen Geld für die Prüfungen, wir nicht. Das ist der Unterschied zum Anstaltsleben.
Jetzt musste da ein Mann in mittleren Jahren eine Prüfung bestehen. Der macht das wohl, weil ihm vielleicht die Einweisung in die Anstalt droht, oder er will noch mehr Geld haben. Keine Ahnung. Jedenfalls bekam der eine Skibrille aufgesetzt und sah damit total bescheuert aus. Aber das war noch nicht die Prüfung.
Mit der Skibrille musste er in eine dunkle Höhle und sich dann von Ratten blutig beißen lassen. Das hat der tatsächlich gemacht und bekam auch Geld dafür. Vorher haben die anderen Kandidaten entschieden, dass er die nächste Prüfung machen muss. Wahrscheinlich wussten sie nicht, dass es soviel Kohle dafür gab, sonst hätten sie sich selbst um die Prüfung gerissen. Die finden nämlich Geld supergeil.
Im übertragenen Sinn müssen wir Patienten uns täglich von Ratten blutig beißen lassen. Wenn du zum Beispiel im Hamsterrad nicht richtig spurst, beißt der Abteilungsleiter kurz mal deine Seele ein wenig blutig. Der sagt dann beispielsweise: „Na, wieder das Hirn zu Hause gelassen, oder haben Sie grundsätzlich nur einen Hohlraum im Kopf?“ Das tut mir natürlich weh, weil ich doch in Wirklichkeit ein ganz großer Nachdenker bin und viel mehr weiß als der.
Der weiß zum Beispiel nicht, was weiße Zwerge sind und wie die funktionieren. Meist schwafelt der nur dummes Zeug, aber das finden die Gruppenleiter ganz toll und lachen auch über den blödesten Witz laut und andauernd. Wenn ein Patient mal einen Witz erzählt, verstehen Leiter den in der Regel gar nicht.
Jetzt sagt uns Patienten die Geheimbotschaft aus der Dschungelprüfung, dass es sich durchaus lohnen kann, wenn man sich blutig beißen lässt. Wir sollen dann denken, dass das jedem einmal passieren kann, auch berühmten freien Bürgern, die man ‘Stars‘ nennt. Aber bei uns bleiben die roten Zahlen auf dem Bankautomaten nach jeder Prüfung gleich rot.
Nun heißt ja Star auf deutsch ‘Sonne‘, und die bläht sich wegen Überfressens zu einem roten Riesen auf, bekommt Verdauungsbeschwerden, platzt und wird zu einem weißen Zwerg. In größerer Entfernung ist sie dann nicht mehr zu sehen. Vielleicht wird sie auch zu einem schwarzen Zwerg. Den sieht man gar nicht mehr, auch aus der Nähe nicht. Schwarze Zwerge senden kein Licht mehr aus. Und das ist für einen Star das Schlimmste, was ihm passieren kann. Dann ist der reif für die Anstalt.
Ich kann dir sagen, dass wir mit diesen Mitpatienten nicht gerade zimperlich umgehen. Wenn einer wegen Aufruhr oder normalem Lebensversagen eingeliefert wird, ist er einer von uns. Aber auf verglühte Stars, die sich früher unablässig Energie aus dem Universum gezogen und jetzt mit Brennen aufgehört haben, und nur noch jammern, sind wir nicht gut zu sprechen.
Richtige Freunde haben die in der Regel keine mehr, es sei denn, sie schwören vom Starsein ab und benehmen sich ab sofort wie normale Patienten, ruhig und geduldig.
Geplatzte Sonnen sind genauso wenig sichtbar wie Patienten.
Nächste Kapitel
Anstaltwetter
Wenn aber Anstaltwetter ist, fällt keinem Patienten etwas ein. Wenn er Glück hat, ruft ein Therapeut an und fragt, wie es der Intensivgruppe geht. Wie es dem Patienten geht, interessiert ihn an diesen Tagen auch nicht besonders. Der ist nämlich sauer, dass er gerade keinen Winterurlaub hat und erst in einem Monat den nächsten Urlaub gebucht hat.
Der Migrationskoch
Jetzt sagt ja Migrationskoch, man müsste auch differenzieren. Er meint wahrscheinlich zwischen Muslimausländern, Ostausländern, Westausländern, Südausländern, Reichausländern, Armausländern und so. Das wäre mir aber zu kompliziert. Stell dir vor, Europa wird irgendwann mal ein Land, dann kannst du wieder von vorne anfangen
POBITU als Schein-Unternehmer
Ein Pobitu ist ein Patient ohne Beschäftigung in therapeutischer Unternehmerfunktion. Das sind also in Wirklichkeit Patienten der Anstalt. Diese Patienten sind als schwer therapierbar eingestuft, weil Sie immer wieder eigene Geschäftsideen entwickeln. Geschäftsideen zu Geld zu machen ist aber Sache der freien Bürger, da haben die den Daumen drauf.