Opernball im Himmel
Es gibt einen theoretischen Supergau bei der Auswahl des Kleides, nämlich dass eine andere Frau das gleiche Kleid bestellt hat. Ja, bestellt, denn niemals würde eine Opernballfrau ein Kleid anziehen, das sie bereits hat. Völlig undenkbar, außerhalb jeglichen weiblichen Opernballgastvorstellungsvermögens.
Liebe Rita,
ich weiß ja, dass du tot bist, aber das ist einfach dein Thema: Die Oper. Nun kann man eine Oper komponieren, aufführen oder anhören – denkt man. Man kann aber noch was anderes, nämlich einen Opernball veranstalten. Das macht jedes große Opernhaus einmal im Jahr und der bekannteste davon ist der Wiener Opernball.
Der war gerade wieder und ich hab ihn mir im Anstaltsfernsehen angeschaut, teilweise. Das Wichtigste beim Opernball ist nicht die Musik, sondern es sind die Gäste, insbesondere die Frauen und Ihre Kleider. Frauen sind ja sowieso schon etwas kritischer in Bezug auf Kleidung als Männer, aber bei der Auswahl eines Kleides für den Opernball kennen die keinen Spaß mehr.
Es gibt einen theoretischen Supergau bei der Auswahl des Kleides, nämlich dass eine andere Frau das gleiche Kleid bestellt hat. Ja, bestellt, denn niemals würde eine Opernballfrau ein Kleid anziehen, das sie bereits hat. Völlig undenkbar, außerhalb jeglichen weiblichen Opernballgastvorstellungsvermögens. Dadurch ergibt sich eine böse Falle namens Spionage.
Irgendwann musst du dich ja entscheiden und das Kleid beim Schneider in Auftrag geben. Das hat selbstredend einer der angesagtesten Modedesigner der Welt entworfen. Um zu vermeiden, dass da was durchsickert, musst du natürlich gut was auf den Kaufpreis drauflegen um den Schneider bei Laune zu halten. Da können schon mal nette Sümmchen zusammenkommen. Das zahlt aber sowieso der Gatte, seines Zeichens leitender Personaler oder von Natur aus reich.
Die Geldvorräte der bekanntesten männlichen Opernballgäste sind unerschöpflich. Da gibt es zum Beispiel einen Dauergast namens ‘Mörtel‘. Dem reicht eine Frau nicht, deshalb lädt er immer noch eine dazu ein. Der ist da nicht wählerisch, Hauptsache man redet darüber. Das ist nach den Kleidern das Zweitwichtigste beim Opernball, das Gerede. Wenn sich niemand über irgendwas das Maul zerreißt, war der Opernball ein totaler Reinfall.
Am besten kommst du als Frau auf dem Opernball ins Gerede, wenn du Nackttänzerin bist. Oder dein Kleid wurde von einem angeblich genialen aber heruntergekommenen Designer aus der Mongolei erfunden. Natürlich sollte man das auch irgendwie sehen können! Mit ‘schön‘ kommst du da nicht weit. Die diesjährige Skandalnudel war Nackttänzerin und zusätzlich noch Gast von Mörtel. Damit hat sie natürlich automatisch die Kleiderfrage thematisch verdrängt. Dass sie sich schon ziemlich früh auf dem Klo eingeschlossen hat, machte die Sache aber erst richtig rund.
So was macht für die Veranstalter den Ball zu einer gelungenen Angelegenheit. Dass auch noch etliche aalglatte Prominentenbälger in das Geldkarussell eingeführt wurden, ist dabei eher nebensächlich. Insgesamt komme ich zu dem Schluss, dass so ein Opernball genau mein Ding ist.
Ich spare ab sofort für den obligatorischen Frack. Kostet ja nur 6.000 Euros, hält dafür aber ziemlich lange. Wenn ich es mal kurz überschlage, habe ich die Kohle mit 71 zusammen. Das ist das beste Opernballalter. Ich würde dich dann glatt mitnehmen.
Gibt es im Himmel auch einen Opernball? Ich wünsche es dir von ganzem Herzen.
Nächste Kapitel
Karneval für Patienten
Ich bereite mich ja auch gerade intensiv auf eine Karnevalsparty vor. Normalerweise bedeutet Karneval, hier eher Fasching genannt, für Patienten lediglich eine Extraportion ,Bliersheimer Treppensturz‘. Aus therapeutischem Anlass bin ich aber heute auf eine echte Party eingeladen.
Party ohne Alkohol
Ich kann mich noch erinnern, dass Oma mehrfach erzählt hat, wie sie dich im Krankenhaus besucht hat und dir Blumen mitgebracht hat. Du hast dann gesagt: „Scheiß auf die Blumen, bring mir lieber ne Flasche Schnaps!“ Und das, obwohl du ja eigentlich gar keinen Tropfen Alkohol mehr trinken durftest.
Ärzte und Orden
Karnevalsorden sind ja jetzt im Vergleich dazu nicht so wichtig, aber die bekommen dieselben Leute. Das ist sozusagen die lustige Variante des ernsten Ordens. Erst 30 Jahre die Patienten in Schach halten, dann auch noch den lustigen Orden abkassieren – wider den tierischen Ernst.