Die Dankrede
Es ist bedauerlich, dass einige Patienten unsere Aussage nicht verstanden haben und daher falsch gewählt haben. Ich weiß jetzt nach der Wahl zwar nicht mehr genau, was die Aussage war, aber sie war gut. Vielleicht müssen wir bei der nächsten Wahl Aussagen vermeiden und mehr Geschenke an die Patienten verteilen. Ich denke da an Heizdecken und Topfsets.
Liebe Ursula,
die Anstaltswahlen sind vorbei und ich habe mir mal eine Dankesrede ausgedacht:
„Lieber Patient, zunächst einmal möchte ich mich bei dir bedanken, wenn du mich gewählt hast, sonst nicht. Bedanken möchte ich mich auch bei den vielen Helfern, die bei Wind und Wetter, ohne Kohle zu bekommen, unsere Zettel verteilt haben. Warum die das machen, weiß ich nicht, aber sie werden ihre Gründe haben.
Auch möchte ich mich bei den Freunden bedanken, die mich in meinem Wahlkampf unterstützt haben. Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Freunde habe. Jetzt nach der Wahl sind es aber wahrscheinlich deutlich weniger geworden.
Wie nicht anders zu erwarten war, haben wir die Wahl gewonnen. Leider können wir trotzdem nicht alle Posten untereinander verschachern, sondern müssen mit anderen Parteien teilen. Das ist bitter! Wenn die mir zu blöd kommen, trete ich zurück.
Es ist bedauerlich, dass einige Patienten unsere Aussage nicht verstanden haben und daher falsch gewählt haben. Ich weiß jetzt nach der Wahl zwar nicht mehr genau, was die Aussage war, aber sie war gut. Vielleicht müssen wir bei der nächsten Wahl Aussagen vermeiden und mehr Geschenke an die Patienten verteilen. Ich denke da an Heizdecken und Topfsets.
Dieses Mal hat auch das Fernsehen nicht so richtig mitgespielt. Ich hätte gut und gerne doppelt so viele Talkshows machen können. Da wurde ich aber nicht reingelassen, obwohl ich so oft wie möglich ungefragt vor der Studiotür stand.
Ich sah gut aus, war gekämmt und hatte prima Sprüche auf Lager, wie zum Beispiel: „Die Menschen da draußen erwarten, dass wir Ihre Sorgen ernst nehmen. Wir wollen hart daran arbeiten, dass die in Zukunft nicht weniger werden.“ Wenn ich Glück gehabt hätte, wäre mir noch irgendwo ein Kind vor die Pfoten gelaufen, das ich getätschelt hätte. Eine alte Oma in den Arm nehmen ist auch gut.
Unser Wahlkampf war klasse, hat aber einen gewissen Brechreiz in mir hinterlassen. Den Patienten wird es ähnlich ergangen sein. Schwamm drüber, ein paar Jahre Ruhe und Abkassieren wird die Nerven wieder beruhigen. Ich möchte aber nicht versäumen, meinem politischen Gegner – wie heißt die Schlampe doch gleich – meinen Respekt zu erweisen.
Die hat zwar keine Ahnung von echter Politik, mir aber trotzdem viele Prozente abgejagt, das Luder. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Scheißladen von Anstalt eigentlich noch regieren will. Es war alles so anstrengend und jetzt hab ich auch noch den Faden verloren. Ich trink jetzt erst mal prima viel Alkohol und will erst mal keinen mehr sehen, wo ist mein Dienstwagen?“
So oder ähnlich, liebe Ursula. Gibt es so was wohl in echt?
Nächste Kapitel
Das Parlament
Es gibt auch Frauen im Parlament. Manche versuchen wie Männer auszusehen und schaffen es auch. Nur die Stimme ist höher, beim Reden. Der Chefabgeordnete hat eine Glocke, die er ab und zu mal läutet, wenn Tumult im Saal ist.
Buntschatten-Seher
Das Licht macht ja den Gegenstand, den es beleuchtet erst bunt. Ohne Licht keine Farben. Du hast bestimmt schon einmal bemerkt, dass es nachts keine Farben gibt, wenn es wirklich sehr dunkel ist. Also ist das Licht dafür zuständig, dass dein Pullover grün aussieht, nicht der Pullover selbst. Wenn also das Licht den Pullover grün gemacht hat, ist seine Aufgabe erfüll
Opernball im Himmel
Es gibt einen theoretischen Supergau bei der Auswahl des Kleides, nämlich dass eine andere Frau das gleiche Kleid bestellt hat. Ja, bestellt, denn niemals würde eine Opernballfrau ein Kleid anziehen, das sie bereits hat. Völlig undenkbar, außerhalb jeglichen weiblichen Opernballgastvorstellungsvermögens.